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Auslegung der Scheinselbstaendigkeit

Vom Informationsdienst: www.it-projects.de  10/2001

Autor: Rechtsanwalt Dr. Benno Grunewald, rechtsanwalt@dr-grunewald.de



Bericht aus der Rechtsanwaltspraxis: Auslegung der Scheinselbstaendigkeit
Der nachfolgende Beitrag basiert auf fuenf Faellen, in denen der Autor dieses Artikels Freiberufler gegenueber der BfA in Sachen Scheinselbstaendigkeit und Rentenversicherungspflicht vertreten hat, wobei keiner dieser Freiberufler fuer die streitigen Zeitraeume eigene Mitarbeiter hatte. Obwohl stets andere Sachbearbeiter auf Seiten der BfA zustaendig waren, zeigen sich in allen Faellen bestimmte Parallelen in der Bewertung von Unterlagen und Angaben. Hieraus lassen sich insbesondere fuer die Gestaltung von Vertraegen und sonstigen Dokumenten entsprechende Hinweise gewinnen.

1. Fall: Hier versuchte die BfA den Freiberufler zunaechst als scheinselbstaendig bzw. Arbeitnehmer und in einem zweiten Versuch als rentenversicherungspflichtiger Selbstaendiger einzustufen. Dabei wurde entscheidend auf dessen vermeintliche persoenliche und wirtschaftliche Abhaengigkeit im Verhaeltnis zu seinem Auftraggeber abgestellt, die die BfA aus den Vertraegen des Freiberufler abzulesen koennen glaubte.

Konkret wurde von der BfA in diesem Zusammenhang genannt:

Alle diese "Argumente" fuer die Scheinselbstaendigkeit bzw. Arbeitnehmereigenschaft des Freiberuflers konnten letztlich ausgeraeumt werden, wobei hier auch auf die einschlaegige Rechtsprechung des Bundesarbeits- und Bundessozialgerichts verwiesen werden musste. Dieser Fall verdeutlicht die fuer den Freiberufler besonders kritischen, haeufig vertraglich geregelten Punkte. Ausserdem zeigt sich, dass die BfA den Versuch macht, zunaechst einmal die Scheinselbstaendigkeit bzw. Arbeitnehmereigenschaft und, sofern dies nicht gelingt, zumindest die Rentenversicherungspflicht des Freiberuflers zu begruenden.

2. Fall: Auch in diesem Fall versuchte die BfA aus den vorliegenden Vertraegen des Freiberuflers Anhaltspunkte fuer dessen abhaengige Beschaeftigung vom Auftraggeber zu interpretieren. Dabei nannte die BfA die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers (Unternehmensberatung), die Kundenschutzklausel sowie die Honorierung nach einem zeitlichem Aufwand auf Basis eines Stundensatzes. Auch hier konnte die BfA ueberzeugt werden, dass der Freiberufler diese Voraussetzungen nicht erfuellt.

3. Fall: Die BfA war hier der Ansicht, dass der Freiberufler als Selbstaendiger mit einem Auftraggeber fuer die Zeit vom 01.01.1999 bis zum 30.04.2000 versicherungspflichtig sei. Tatsaechlich lagen drei zeitlich befristete Vertraege mit dem stets gleichen Auftraggeber, eine Unternehmensberatung, vor: Der erste Vertrag war vom 10.12.1999 bis zum 30.06.1999 befristet; der zweite Vertrag lief vom 30.06.1999 bis zum 31.12.1999 und der dritte Vertrag vom 20.12.1999 bis zum 30.06.2000, d.h. es handelte sich um einen Vertrag mit zwei Verlaengerungen. Die BfA liess sich hier ueberzeugen, dass es fuer den IT-Bereich branchentypisch ist, freie Mitarbeiter in einem Projekt stets zeitlich befristet zu beschaeftigen, wobei die Verlaengerung eines Vertrags aufgrund nicht vorauszusehender Entwicklungen ebenfalls nicht unueblich ist. In diesem Zusammenhang habe ich auch auf die Begruendung zum 'Gesetz zur Foerderung der Selbstaendigkeit' (GFS) verwiesen, in der es u.a. heisst: 'Im Übrigen kommt es darauf an, ob der Auftragnehmer nach seinem Unternehmenskonzept die Zusammenarbeit mit mehreren Auftraggebern anstrebt und dies nach den tatsaechlichen und rechtlichen Gegebenheiten Erfolg verspricht. Dieses Merkmal ist nicht erfuellt, wenn der Auftragnehmer vertraglich zwar fuer mehrere Auftraggeber taetig sein darf, dies aber nach den tatsaechlichen Umstaenden nicht kann' (BT-Dr. 14/1855, 26.10.1999, S. 6f). Darueber hinaus hat auch der Verband Deutscher Rentenversicherungstraeger (VDR) in seinem 'Gemeinsamen Rundschreiben' vom 20.12.1999 zu diesem Punkt in aehnlicher Weise Stellung bezogen. Die BfA hat daraufhin den IT-Freiberufler an selbstaendig anerkannt.
Dieser Fall macht deutlich, dass die BfA bei laenger dauernden Vertraegen bzw. Verlaengerungen, die ein Jahr ueberschreiten, versucht, die Konstellation "ein Auftraggebe" und damit die Rentenversicherungspflicht des Freiberuflers zu begruenden. Wichtig ist dabei u.a., dass dem Freiberufler die vertragliche Moeglichkeit eingeraeumt wird, auch fuer andere Auftraggeber taetig zu werden.

4. Fall: In diesem Fall war die BfA ebenfalls der Ansicht, dass der IT-Freiberufler rentenversicherungspflichtig sei. Tatsaechlich lagen vier Projekteinzelvertraege vom 20.07.2000, 01.09.2000, 15.11.2000 und 20.02.2001 vor. Vertragspartner waren zwei verschiedene Unternehmen, d.h. der IT-Freiberufler hatte parallel mehrere Auftraggeber. Ausserdem waren saemtliche Vertraege zeitlich bis maximal ein Jahr befristet. Auch hier kam die BfA unter Hinweis auf die unter dem 3. Fall bereits genannten Argumente zum Ergebnis, dass der Freiberufler rentenversicherungspflichtig sei. Man sieht, dass die BfA selbst bei eigentlich eindeutigen Konstellationen zumindest den Versuch unternimmt, den Freiberufler in die Rentenversicherungspflicht zu bringen.

5. Fall: Auch hier ging es um die Frage der Rentenversicherungspflicht des Freiberuflers. Der streitige Zeitraum lag zwischen den 01.01.2000 und dem 30.02.2001, da der Freiberufler ab dem 01.03.2001 einen eigenen Mitarbeiter beschaeftigte. Es lagen zwei sich teilweise ueberschneidende Vertraege vom 20.12.1999 und vom 15.08.2000 vor, die beide zeitlich befristet waren. Insgesamt lief keiner der beiden Vertraege laenger als ein Jahr. Die BfA versuchte, auch hier aus den vorliegenden Vertraegen entsprechende Argumente abzuleiten, warum der Freiberufler rentenversicherungspflichtig sei, konnte aber vom Gegenteil ueberzeugt werden.

Fazit: Alle Aufmerksamkeit den Vertraegen! In allen Faellen hat die BfA mit den vertraglichen Regelungen argumentiert. Dies wird auch in Zukunft der absolute Kernaspekt sein, da die konkrete Überpruefung der tatsaechlichen Gegebenheiten vor Ort eher die Ausnahme darstellen wird.
Als allgemeine Empfehlung kann daher die Überpruefung der Vertraege nur dringend angeraten werden.
Da nach Erfahrung des Autors jeder Vertrag, trotz grundsaetzlich vergleichbarer Bestimmungen, im Detail anders formuliert ist und es manchmal auf jedes Wort ankommt, kann allerdings nur eine individuelle Beratung dem einzelnen Freiberufler gerecht werden.
Diese Beratung empfiehlt sich allerdings nicht nur, wenn die BfA bereits"ante porta" ist, sondern insbesondere vor Abschluss eines neuen Vertrags.

Worauf Sie achten sollten


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