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4. Eigenschaften von Lehmputze

Lehm ist ein aus der chemischen Gesteinsverwitterung hervorgegangenes Sediment, das aus Ton (Tonmineralien) und Quarzkörnern besteht, vermischt mit anderen Verwitterungsresten, vornehmlich Eisenverbindungen und Kalk. Lehm ist nicht so plastisch wie Ton; tonreiche Lehme werden als fett, tonarme Lehme als mager bezeichnet. Zwischen Ton und Lehm gibt es keine scharfe Grenze. Allgemein enthält Ton Teilchen kleiner als 0,002 mm Korngröße, Lehm enthält sehr ungleiche Korngrößen, vom Schluff bis zum Kies (etwa bis 20 mm).
Alle Lehme quellen bei Wasserzutritt und schwinden beim Trocknen. Die Größe der Volumenänderung ist abhängig vom Tongehalt und von der Art der Tonmineralien (Kaolinit nimmt wenig Wasser auf, Montmorillonit quillt sehr stark.)
Im feuchten Zustand ist Lehm formbar, die Form bleibt beim Trocknen - abgesehen von der Schwindverkürzung - erhalten. Die Wasserzugabe wird in folgender chemischen Formel dargestellt

Al2O3 . 2SiO2 . 2H2O + nH2O <---> Al2O3 . 2SiO2 . (H2O)2+n (formbarer Ton).

Lehm ist ein natürlicher Luftmörtel. Das Abbinden erfolgt physikalisch; Wasser verdunstet, Sandkörnchen werden durch den Ton verklebt. (Zum Beispiel bei Kalk findet ein chemischer Abbindeprozess statt.) Die Trockenschwindung beträgt bei der Herstellung von Lehmsteinen (statt Ziegeln) etwa 3 bis 5 %, bei gestampftem Lehm etwa 2 % (zum Vergleich: Beton schwindet etwa 0,04 bis 0,05 %), analog verhält sich auch der Lehmputz. Beim Trocknen entstehen so Schwindrisse.
Baulehm ist daher dauerhaft gegen eindringende Feuchtigkeit zu schützen, also auch während der Bauphase. Nur trockener Lehm ist frostbeständig.
Wegen der Erzielung schwindrissarmer Putze sollte der Putzmörtel große Mengen Grobsand enthalten (0,6-2,0 mm) und der Tongehalt sollte in der Regel 5-10 % nicht überschreiten. Je magerer der Putzmörtel ist, so geringer wird die Festigkeit des Putzes. Daher werden die Putze in Schichten aufgetragen. Der Unterputz beinhaltet daher gröbere Bestandteile und mehr Ton. Kleiner Schwindrisse sind dabei erwünscht, da diese die Haftung des Oberputzes begünstige. Die Putze können auch auf Ziegel-, Kalksandstein-, Naturstein- und Betonoberflächen aufgebracht werden. Es besteht weiterhin die Möglichkeit Putzträger, zum Beispiel Schilfrohrmatten o. ä., anzubringen. [1]

In Lehmputze werden auch Fasern zugegeben, wie Stroh, Hanf oder Tierhaare. Sie bewirken eine Rissbeschränkung und Verbesserung der Haftbeständigkeit des Lehmputzes. Die organischen Faserstoffe erhöhen die Schimmelgefahr des Putzes. [2] Schimmelpilze benötigen zum Wachstum eine bestimmte Feuchte, Temperatur und auch Substrat. Die Schimmelgefahr besteht bei zu langsamer Trocknung. Beim Putzen muss daher für eine gute Lüftung und auch eine entsprechende Wärme gesorgt werden. Die organischen Bestandteile bilden so das Substrat. Die Herrn Borgstädt und Rupp (in [2]) beschreiben in Ihrem Artikel die Lehmprodukte von Bayosan, die faserlosen Lehmputze anbieten aber auf Kundenwunsch eine Zugabe erfolgt. Die Produktangebote zum Beispiel von eiwa Lehm GmbH, Karl-Epple oder Ökologie in der Region (Schöneck) werden mit Strohzusätzen geliefert. Lehmputze werden mit Stroh oder anderen Fasern verarbeitet (siehe hier auch Niemeyer 1946). Die mehrlagige Lehmputzausführung mit Faserbestandteilen, zum Beispiel aus Stroh, ist üblich.

Ausschlaggebend ist die Trocknung. Hier sollte eine Standzeit von mindestens 2 Tagen pro mm Putzstärke eingehalten werden, bevor der Oberputzauftrag erfolgt. Die Trocknung erfolgt ausschließlich durch das Verdunsten des Wassers. (Bei Kalk- oder Zementputze erfolgt die Erhärtung durch chemische Abbindeprozesse.)
Durch die Zugabe von Blähton oder Perlite wird die Wärmedämmung verbessert.

Durch die Zugabe von 6-10 % Kalk-Kasein (1 Teil Kalk und 4-5 Teile Magertopfen), Leinölfirnis oder 1 % Hydrophobierungsmittel kann die Feuchtigkeitsbeständigkeit verbessert werden. [3]
Die Wasserzugabe bei Lehm dient zur Formgewinnung, in diesem Fall eine glatte Oberfläche. Anschließend muss das Wasser wieder durch Verdunstung entweichen. Lehm selbst stellt eine gewisse konservierende Wirkung auf Holzteile und so auch auf Stroh dar. Dies wird durch die vielen Jahrhunderte alte Stampflehmwände und Strohwickeldecken praktisch nachgewiesen. (Weitere Aussagen im oben genannten Text.) Allerdings sind Lehmbauteile vor stärkerer Feuchtigkeit, wie zum Beispiel Niederschlag, zu schützen, sonst besteht die Gefahr eines Pilzbefalls.

Zusammenfassend sollen einige Aspekte, die für und gegen den Baustoff sprechen, dargestellt werden.

Positive Argumente: Feuchteregulierend; gute Kapillarkraft; wieder verwertbar; wärmespeichernd; elastisch; brandschützend; schallhemmend; bindet Schadstoffe; sehr preisgünstig; energiearme Herstellung
Negative Argumente: Empfindlich gegen Nässe; schwindet beim Trocknen 3-12 %; lange Austrocknung; Rissgefahr; hohes Gewicht; geringe Festigkeit; Schimmelgefahr bei zu langer Trocknung
Anwendungsgebiet: Bis auf Wandflächen, die einer Durchfeuchtung ausgesetzt sind, kann er prinzipiell überall verwendet werden. Allerdings ist es ein historischer Putz und sollte auch dort hingehören, also in historische Gebäude oder in solche, die vorwiegend aus Naturstoffen bestehen. Bei "zusammengezimmerter" Neubau, zum Beispiel aus Glasfassaden, Stahlträger, Beton und Gipskartonbauplatten wird auch mit 3 m2 Lehmputz kein Naturhaus. Das ist Unsinn. Hier gehört an die Wandflächen ein Kalkputz, der ist genau so gut (ökologisch) und auch wesentlich billiger.

Bei Lehmstampfwänden können nach längerer Feuchtigkeitsbelastung größere Aussparungen entstehen. Der Lehm ist lose und bröckelt ab. Alternativ zum komplizierten und zeitaufwendigen Ersetzen durch neuen eingestampften Lehm gibt es eine schnelle und einfache Lösung. Der lose Lehm wird bis zur festen Wandstruktur entfernt. Die Oberfläche der verbliebenen Lehmwand wird mehrmals angefeuchtet, abhängig vom Saugverhalten, und es wird ein sehr flüssiger dünner Putz als Tragschicht angeworfen. Analog wie ein Spritzbewurf. Hier kann ein Putz- und Mauermörtel vom Baumarkt verwendet werden. In diesen Mörtel kann auch der abgebröckelte Lehm eingemischt werden. Es entsteht so ein guter Klebeeffekt.

Nach dem Abtrocknen und Abbinden der dünnen Putzschicht werden größere Hohlstellen am besten mit Hochlochziegelsteinen ausgemauert. Fehlende Wandschichten von wenigen Zentimetern werden, wie in den Bildern gezeigt, mit einem Putz aus Putz- und Mauermörtel, Blähton und Weißkalk verputzt. Der Blähton dient dazu, dass das Gewicht der Putzschicht möglichst klein ist. Da die Haftung zum Lehm nicht sehr groß ist, würde sich sonst eine Putzschale bilden und abfallen. Der Weißkalk, etwa 2-3 Kellen auf einen Mauerkübel, macht den Putz etwas fettiger, sodass die Blähtonkugeln besser haften. Das Mischungsverhältnis ist von der Menge des Blähtons abhängig. Diese Putzschicht wird nach dem Anziehen abgezogen.

Bild: Auf die Stampflehmwand wurde eine dünne Putzschicht als tragende Schicht und nach dem Anziehen anschließend eine füllende Putzschicht mit Blähton angeworfen. Links im Bild die Putzschiene.

Stampflehmwand mit füllende Schicht als Blähton Stampflehmwand mit füllende Schicht als Blähton

Der deckende Feinputz sollte nur wenige Millimeter stark sein. Diese Ausführung funktioniert recht gut. Der Putz- und Mauermörtel ist ein hydraulischer Putz und sollte eigentlich nicht mit Lehm gemischt werden. Er ist auch etwas härter als ein Kalkputz. Er ist aber feuchtebeständiger und gerade über dem Fußbodenbereich kommt es zeitweise zu Feuchteerhöhungen. Da die Lehmwand das Wasser aus dem Putz zieht, sind in diesem Fall für die Verarbeitung die zwei verschiedenen chemischen Abbindeprozesse des hydraulischen Putzes nicht vom Nachteil. Als deckenden Feinputz kann eigentlich alles genommen werden, Lehmputz, Kalkputz oder der Putz- und Mauermörtel.

Ausbesserung des Putzes auf einer Stampflehmwand
Ausbesserung des Putzes auf einer Stampflehmwand.

In diesem Video wird gezeigt, wie der Putz auf einer Lehmstampfwand ausgebessert werden kann.

5. Eigenschaften von Lehmestrich

Lehmestrich wird in Dachböden, Kellerräumen, Tennen und Scheunen verwendet. Er ist besonders für Getränke- Obst- und Gemüselager ein hervorragender Boden mit feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften. Lehm wird unter Wasserzusatz, Häcksel, Gerstenspreu, Kuh- oder Kälberhaaren am besten mit einem Zwangsmischer erdfeucht und gut durchgemischt, auf die Unterlage aufgetragen und festgestampft. Zu fetterer (hoher Tonanteil) Lehm wird mit reschem Sand abgemagert. Auftretende Risse müssen nachgestampft werden. Wird harter Estrich gebraucht, mengt man der obersten Schicht Rinderblut und Asche bei. Starke 6-10 cm, Gewicht 120-200 kg/qm. Lehmestrich fand eine verbreitete Anwendung bei landwirtschaftlichen Gebäuden, wie zum Beispiel in Scheunen.
In den ostpreußischen Bauernhöfen bestand auch noch in den 40-iger Jahren des letzten Jahrhunderts der Erdgeschossfußboden aus Stampflehm. Zum Wochenende wurde gründlich ausgekehrt und der Fußboden mit feinen weißen Sand ausgestreut.


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