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Politik der Kernenergie

von Dr. Helmut Böttiger, Wiesbaden

Der Parteitag der SPD 1956 in München forderte die rasche Entwicklung der friedlichen Nutzung der Kernenergie als objektive Voraussetzung für die wirksame Überwindung von Not und Elend insbesondere in den unterentwickelten Ländern. Kaum 20 Jahre später sollte das nicht mehr wahr sein. Heute fordert die gleiche Partei den Ausstieg aus der Kernenergie und die Rückkehr zu sogeannten alternativen Energiequellen: Sonne Wind und Biomasse. Hatte man sich 1956 geirrt oder ist die Überwindung der weltweiten materieller Not nicht mehr das Ziel der Partei?

Der Hintergrund

Um eine Sache richtig einschätzen zu können, bedarf es eines angemessenen Hintergrunds. Um die Befürwortung oder Ablehnung der Kernenergie zu beurteilen, wählen wir als Hintergrund die Machtfrage: Welches sind die objektiven Voraussetzungen, um Herrschaft und Macht ausüben, um anderen Menschen den eigenen Willen aufzwingen zu können? Was bedeutet Herrschaft praktisch? Wer auf diese Frage keine Antwort findet, versteht unserer Meinung nach den Tanz um Kerenergie und sogenannten Umweltschutz nicht.

Macht ist im Unterschied zu Führung, die den besseren Weg zum gemeinsamen Ziel zeigen kann, das Vermögen, das Verhalten anderer Menschen zu beeinflussen: "zu führen, wohin sie nicht wollen". Wenn man von den Formen der physischen Gewaltanwendung absieht, vor denen in der demokratischen Gesellschaft den Einzelnen die Polizei schützt, bleibt als Machtmittel nur der Bedarf und seine Deckung. Das gilt für die Drogenabhängigkeit ebenso wie für sexuelle Hörigkeit oder die Wirkung von Lob und gesellschaftlicher Anerkennung. Sexuelle Hörigkeit setzt eine bestimmte Form von Geilheit voraus. Das gleiche gilt offenkundig für die Drogenabhängigkeit und ähnliches. Machtausübung über Lob und Anerkenntung gelingt nur bei mangelndem Selbstbewußtsein der Folgsamen, die mangels eigenen Urteils auf das der "Anerkannten" angewiesen sind.

Wenn man die Formen der Machtausübung zusammenfaßt, dann kommt man auf eine einfache Formel. Immer ist ein Mangel, eine Not, ein Elend der Beherrschten die Voraussetzung der Machtausübung und die glaubhaft gemachte Fähigkeit, bei Wohlverhalten diese Notlage abzuwenden. Ohne diesen Mangel und die Angst vor ihm, ist Machtausübung nicht möglich. Ohne Mangel gibt es begeisterte Zusammenarbeit, gibt es Führung aber keine Herrschaft und Macht. Macht ist immer die Möglichkeit, den anderen nach Belieben in Not halten zu können. Ohne Mangel keine Macht.

Dieser Zusammenhang läßt begreifen, warum der "freie" Markt zur Ideologie der scheinbar gewaltfreien Machtausübung werden konnte. Macht entspricht im Wortschatz des Marktes dem Preis. Der Preis bezeichnet scheinbar eine Menge Geld, die für ein gewünschtes Versorgungsgut ausgegebenen wird. Als Lohn wird Preis spürbarer, da steht er für eine bestimmte Menge Lebenszeit, die man den Weisungen (der Macht) anderer unterstellt, um das Versorgungsgut zu erwerben. Wer die Preise macht, bestimmt wieviel Lebenszeit man für den eigenen Lebensunterhalt verpfänden muß. Nun "macht" niemand die Preise. Der Markt ermittele sie aus Angebot und Nachfrage - heißt es. Nun wäre zu fragen, wer dieser Herr, der Markt sei. Der Markt - wer immer das ist - regelt der Theorie nach den Preis unter Bedingungen allgemeiner Knappheit. Wie verhält er sich der aber, wenn wie inzwischen, die möglichen materiellen Produktionsvoraussetzungen der Knappheit und dem Mangel objektiv den Grund entziehen.

Unschwer läßt sich erkennen, daß sich auf dem heutigen Markt günstige Preise nicht durch Güterproduktion erzielen lassen, sondern durch die erfolgreiche Verhinderung der Produktion. Nach der Logik des freien Marktes ist es für den Betreiber von Kraftwerken und seine Bank einträglicher, nicht in ein weiteres Kraftwerk zu investier und mit der Knappheit den Strompreis hochzuhalten, als in ein zusätzliches Stromangebot zu investieren und durch das Angebot den Preis und den Erlös für die gleiche Leistung zu drücken. Von einem bestimmten Versorgungsgrad an wird die Steigerung der Güterproduktion "unwirtschaftlich", das heißt politisch, steigert sie nicht mehr die Macht über das Leben anderer, sondern baut sie ab. Dann zahlt sich nur noch die Verhinderung von Güterproduktion aus. In dieser Situation ist es denen, die an der Steigerung ihrer Machtausübung gelegen ist, ratsam, über die Lebenzeit anderer Menschen nicht mehr produktiv sondern antiproduktiv zu verfügen.

Wer kann verhindern, daß bei relativ hohem Preis mehr Strom erzeugt wird? Doch nicht die SPD, doch nicht die Grünen, wird man schnell einwerfen wollen, allenfalls die mit einander verflochtetenen Banken, die für die enormen Investitionen keinen Kredit bereitstellen. Aber wer sorgt dafür, daß diese ihre Weigerung politisch durchsetzen können, und die Institution der Gemeinsamkeit, der Natinalstaat, sie nicht zu einer Änderung ihrer Investitionspolitik zwingt? Wenn man von revolutionärer Zerstörungswut absieht, die in der Regel mehr praktische Freiheit (von Mangel und Zwang) vernichtet als ermöglicht, braucht die Investitionspolitik der Geldgeber zur Aufrechterhaltung oder Steigerung der Knappheit, wie wir sie heute allenthalben beobachten können, eine betörende Rechtfertigung. Hier kommt Umweltschutz, kommen SPD, Grüne, Medien und sogenannte NGOs (Nicht-Regierungs-Organisationen, private Zirkel mit viel Geld und Unterstützung durch Medien) ins Spiel.

Doch wir reden hier von Kernenergie. Da die Produktion von Versorgungsgütern immer eine Frage des Stoffwechsel ist und Stoffwechsel soviel wie Energie bedeutet, besteht ein enger Zusammenhang zwischen Verfügbarkeit von Energie und Versorgungsgrad einer Bevölkerung. Die Besonderheiten der Kernenergie im Rahmen der bisherigen Grenzen der Energieversorgung rührt an den Zusammenhang zwischen Kernenergie und Herrschaft. Der für unsere Versorgung wichtige Stoffwechsel ist ein chemischer und ein mechanischer. Nahrungsmittel und Werkstoffe müssen hergestellt und entsprechend zubereitet werden, das erfordert Energie - warum aber Kernenergie?

Molekulare Bindungskräfte

Die Erde besteht aus einer Fülle unterschiedlicher Stoffe. Die wenigsten kann der Mensch in der vorgefundenen Form unmittelbar gebrauchen, er muß sie umwandeln. Alle Stoffe, die auf der Erde vorkommen, setzen sich aus nur 81 stabilen Elementen zusammen. Hinzu kommen einige wenige instabile Elemente mit sehr langen Halbwertzeiten (über mehrere Millionen Jahre), z.B. Wismut Thorium oder Uran. Aus chemischen Elementen setzen sich auch die benötigten Nahrungsmittel und Werkstoffe zusammen. Um sie chemisch herzustellen oder mechanisch abzuändern, wird entweder Energie frei oder muß diese zugesetzt werden. Ohne Energie ist weder die chemische Verbindung noch die mechanische Zubereitung der Stoffe möglich.

Die bisher für den Menschen gebräuchlichste Energie stammt aus den Bindungskräften zwischen Elementen. Um dies verständlich zu machen, greifen wir auf die einfachste Form der heute üblichen Atomvorstellung zurück. Danach besteht ein Element aus Atomen, dieses wiederum aus einem politivgeladenen Kern und einer negativ geladenen Elektronenhülle. Dabei konzentriert sich die Masse des Atoms im Kern. Das Volumen des Kernes verhält sich zur Masse des gesamten Atoms, das die äußerste Elektronenschale umschließt, wie 1 : 140 Billionen. Gelänge es, die Atomkerne irgendwelcher Elemente alleine also ohne ihre Elektronenhülle zusammenzulegen, dann wöge ein cm³ davon 140 Millonen Tonnen.

Kern und Schale werden durch entgegengesetzte elektromagnetische Ladung zusammengehalten. Dabei heißt die negative Ladung in den äußeren Schalen Elektron, die positive im Kern Proton. In einem Atom sind in der Regel ebenso viele Elektronen wie Protonen vorhanden. Die Elektronen bewegen sich nach dem gebräuchlichen Atommodell um den Kern wie Planeten um die Sonne. Dabei müssen bestimmte Mengen und Abstände eingehalten werden. Die Abstände legen sich wie Schalen um den Kern. Nur auf diesen bewegen sich Elektronen. Auf jeder Schale findet immer nur eine bestimmte Menge Elektronen Platz. Sind die Plätze eingenommen, müssen weitere Elektronen auf der nächsten weiter außen angesiedelten Schale Platz nehmen. Die Anzahl der Plätze auf der jeweiligen Schale sind bei allen Atomen gleich.

Die Möglichkeit, chemische Verbindungen eingehen zu können, hängt von der jeweils äußersten Elektronenschale des Atoms ab. Sie entscheiden über die chemischen Eigenschaften des Elements. Es scheint eine Art Bedürfnis der Atome zu geben, möglichst alle Plätze auf der äußeren Schale mit Elektronen zu füllen. Dies ist die Voraussetzung dafür, daß Elemente chemische Verbindungen mit einander eingehen (Atome sich zu Molekülen verbinden). Daher nennt man die Elektronen auf der jeweils äußersten Schale auch Valenzelektronen.

Elemente mit einer voll besetzten äußeren Eletronenschale sind sogenante Edelgase. Sie sind chemisch stabil und gehen keine chemischen Verbindnung ein. Ist die jeweils äußerste Schale nicht vollständig mit Elektronen besetzt, dann sind chemische Verbindungen möglich und wahrscheinlich. So fängt Eisen an zu rosten, weil ein Eisenatom in einem Kristal weniger stabil ist als ein Eisenoxid-Molekül. Warum das so ist soll ein Beispiel zeigen: Eine bekannte chemischen Verbindungen ist Kochsalz, Natriumchlorid. Das Alkalielement Natrium hat auf seiner äußersten Elektronenschale nur ein einsames Elektron. Nur noch ein einziges fehlt aber bei bei dem Halogen Chlor (das mit einem Ladungselement mehr zum Edelgas Argon würde). Beide Elemente verbinden sich zu Kochsalz, indem das vereinzelte Elektron des Natrium die Elektronenschale des Chlor sozusagen vervollständigt.

Unter bestimmten Umständen kann es vorkommen, daß Elemente oder Verbindunge ein oder mehrere Elektronen verlieren. Das geschieht oft in chemischen Lösungen oder wenn radioaktive Strahlung Elektronen aus der äußeren Schale wegschlägt. Dadurch ändert sich das chemische Verhalten der Atome oder ehemaligen Moleküle. Hier liegt die wichtigste Problematik der radioaktiven Strahlung für die Lebenwesen, deren Körper sich ja aus sehr komplexen chemischen Verbindungen zusammensetzen.

Fossile Energiequellen und Boden

Unsere derzeit gebräuchlichste Energiequelle stammt aus dem Energiekreislauf der belebten Natur. Sie ergießt sich beim Verbrennen (Oxidieren) von Kohlenstoff C oder Wasserstoff H oder deren Verbindungen, den Kohlenwasserstoffen CnHm (also Öl, Gas etc) zu Kohlendioxid CO2 und Wasser H2O. Um diese Verbindungen wieder aufzulösen, muß die gleiche Energie wieder hineingesteckt werden, die bei der Verbrennung freigesetzt wurde. Das gelingt zum Beispiel den Pflanzen mit Hilfe der Sonnenenergie. Sie spalten CO2 und H2O und bauen daraus den Kohlenwasserstoff auf, aus dem sie bestehen. Dabei setzen sie Sauerstoff O frei. Wir Tiere leben von der und durch die Aktivität der Pflanzen. Wir atmen O ein und verbrennen zumeist die pflanzlichen Kohlenwasserstoffe zu CO2 und H2O in unseren Zellen und beziehen daraus die nötige Lebensenergie.

Die Energiequelle für diese Vorgänge liefert das große Kernkraftwerk am Himmel, die Sonne. Die uns zur Verfügung gestellte Energie ist abgewandelte Sonnenenergie. Die Sonnenenergie kommt auf der Erdoberfläche sehr undicht an; sie muß, um brauchbar zu sein, gesammelt und verdichtet werden. Das leisten zum Beispiel die Pflanzen, die langsam wachsen, aber auch Strömungen in Luft und Gewässern, welche die Sonneneinstrahlung auslöst. (Ein wenig Energie stammt aus der Erde und zwar aus den dort spontan zerfallenden Kernen). Die vom Menschen zum Leben benötigte Energie hängt daher weitgehend von der Bodenfläche und den dort herrschenden besonderen Boden- und Klimabedingungen ab, denn die Bodenfläche ist die Voraussetzung, um die Sonnenenergie ernten und verwenden zu können.

Herrschaft und Boden

Ursprünglich konnten Menschen wie Tiere Macht und Herrschaft nur von Individuum zu Individuum ausgeüben. Der Stärkere konnte dem Schwächeren die Beute abjagen, ihn aber auf Dauer nicht beherrschen,. Denn der Schwächere konnte ihm aus dem Weg gehen und für sich selbst jagen und sammeln. Dazu mußte allerdings genügend Raum, also Erdoberfläche vorhanden sein. Als die Menschen lernten, Tiere zu domestizieren und zu weiden, den Boden zu bestellen und Feuer zu nutzen, war die Sache mit dem Ausweichen nicht mehr so einfach. Die neuen Verfahren steigerten aber den Arbeitsertrag und damit das Versorgungsniveau so sehr, daß die Flucht in die Wirtschaftsform des Jagens und Sammeln keine menschenwürdige Existenz bieten konnte.

Macht und Herrschaft hängt nun von der Fähigkeit ab, den Boden, an dem ja kein Eigentumsvermerkt hängt, gegen den Anspruch anderer zu verteidigen, zu behaupten und gegebenenfalls anderen vorenthalten zu können. Die Herrschaft über den Boden konnte andere Menschen in Not bringen und gerade das ist die materielle Grundlage jeder Herrschaft. Wo es zu viel Boden gibt, läßt sich Herschaft nicht aufrechterhalten. Den wohlhabenden Kolonisten in Amerika fehlten Dienstboten, solange die ungeheure Landfläche der USA nicht privatisiert war und der Preis für Farmland nicht wenigstens so hoch war, wie die Importkosten für neue Einwanderer. Strittig war die Methode der Privatisierung, ob die Kolonialmacht oder eine erwählte Gruppe wohlhabender Siedler den Boden privatisieren konnte. In Australien gelang das dem britischen Königshaus in den USA den wohlhabenden einander verschworenen Siedlern.

Behauptung des Bodens und das Vermögen, ihn anderen vorzuenthalten, wurde zur Grundlage der Herrschaft. Bodenbesitz war die Voraussetzung, um die lebensnotwendige Energie zu ernten, mit der die Nahrungsmittel, Kleidung, Wohnung, Werkzeuge und Waffen hergestellt werden. Mit der Zähmung des Feuerns und der Behauptung von Landfläche begann die menschlichen Zivilisation, die bis zum zweiten Weltkrieg dauerte und ebenso war die Landesverteidigung die reale Grundlage jeder politischen Organisation und Herrschaft.

Boden trägt keine Eigentumsvermerke. Nur wer ihn verteidigen kann, besitzt ihn und kann ihn nutzen, beziehungsweise andere davon abhalten. Wer den Boden behaupten konnte, entschied die militärische Macht. Dabei muß der militärisch Stärkere die militärisch Schwächeren nicht vom Land vertreiben. Wenn die Schwächeren begriffen hatten, daß der Stärkere dies jederzeit konnte, waren sie bereit für einen Anteil am Ertrag für diesen zu arbeiten - jedenfalls dann, wenn der gewährte Anteil größer war, als das, was sie sich aus der Wildnis selbst hätten beschaffen können. Dem entsprach die Einsicht der Stärkeren, daß die Schwächeren nur dann für sie arbeiten würden, wenn ihr Anteil wenigstens dieses Maß umfaßte. Die wechselseitige Einsicht in die Grenzen dieses Zusammenhangs, heißt 'politische' oder auch 'wirtschaftliche Vernunft'. Wo sie fehlt, kommt es zu Krieg, Aufstand und Totschlag.

Daß militärische Macht und nicht irgendeine Vergleichsarbeitszeit die nakte Grundlage des Tauschhandels ist, zeigt sich am deutlichsten an den ursprünglichen Tauschverhältnisse und ihren Terms of Trade. So bestimmte im Fall der Wikinger, die eine Stadt für ihren Handel 'erschließen' wollten, das Verhältnis zwischen ihrer militärischen Macht und der Macht der Stadt den Preis der auszutauschenden Waren. Das dürfte noch im Fall der Erschließung Japans durch die US Flotte im 19. Jahrhundert so gewesen sein. Der Preis konnte - (was Adam Smith und Karl Marx mit ihrer Arbeitswerttheorie nur verschleiern und vernebeln) - bei extremer Überlegenheit einer Seite bis auf Null absinken. Die Vernunft als Einsicht in die tatsächlichen Macht- oder Risikoverhältnisse, führte zu einer Einigung die für beide Seiten einigermaßen erträglich erschien., die Unvernunft oder ohnmächtiger Stolz zu Krieg und Raub.

Die nackte Tatsache des Tauschhandels wurde in neuerer Zeit durch das Geldsystem überdeckt. Mit Geld lassen sich scheinbar alle Rohstoffe und Versorgungsgüter unabhängig vom Boden von überall her erwerben. Was aber bestimmte den Wert des Geldes und wer legt die Bedingungen fest, unter denen es erworben wird? Daß sich die Geldwirtschaft auf die gleiche Form der militärischen Behauptungsfähigkeit stützt, macht eine einfache Überlegung deutlich: Was wäre ein Kredit - und Geld ist nur eine Form von Kredit - ohne Polizei und Militär, die seine Anerkennung im kritischen Moment durchsetzen könnten? Er wäre doch wohl nichts anderes als ein Geschenk. Erst die militärische Macht, den Kredit in der vereinbarten Zeit und mit dem vereinbarten Zins wieder eintreiben zu können, macht ihn zum Kredit - und Kredit ist jede Form von Wertpapier, vom Geldschein bis zum Hedge-Fond-Anteil.

Militärische Macht hängt allerdings wiederum davon ab, ob und wie man über Energie verfügt. Wer mehr oder besseren Boden hatte, konnte mehr Truppen unterhalten und entsprechend ausrüsten. Wer die verfügbare Energie im Luxus verpraßte, stand bald ohne Bedienstete und dann auch bald ohne Boden da. Die militärische Macht läßt sich durch diplomatisches Geschick oder psychologische Manipulation verstärken. In erstem Fall gelingt es zum Beispiel zwei oder mehrere mögliche Gegner, die einem Land oder Macht streitig machen könnten, gegen einander in Kriege zu verwickeln, um dann beiden bei geringem eigenen Aufwand die Verfügung über ihr Land streitig zu machen oder an besondere Bedingungen zu knüpfen. Auch die beiden letzten Weltkriege und deren nachfolgende Friedensordnung liefern hierfür beredte Beispiele - wenn man sie nüchtern und ohne die verordnete Propagandabrille betrachtet.

Im Fall der psychischen Manipulation geht es fast immer darum, im anderen (Vertreibungs-) oder Existenz-ängste zu wecken und zu schüren. Eingeredete Ängste, das heißt ein 'induziertes Irresein', können so stark sein, daß der Betroffene sich nahezu bedingungslos Zwängen, die ihm Schutz versprechen, unterwirft. Das gilt für allerlei Teufel und Gespenster genauso wie für CO2 als 'Klimagift' oder der Glaube an die 'Nichthandhabbarkeit' oder 'Unverantwortbarkeit' der Kernenergie. Die Fähigkeit zur diplomatischen und psychologischen Machtausübung setzt aber bereits ein Übermaß an militärischer und davon ableitbarer finanzielle Macht und Glaubwürdigkeit voraus, sie dienen im Grunde nur zur Ökonomisierung des Aufwandes zur Machtausübung.

Kernenergie macht unabhängig.

In den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts deutete ein Buch mit dem Titel "Wissenschaft bricht Monopole" eine Wende an. Es behauptete, wissenschaftliche Forschung und die Endeckung neuer Verfahren zur Herstellung von Roh- und Werkstoffen und zu ihrer Bearbeitung mache von dem unmittelbaren Landbesitz unabhängig. Das galt aber nur, soweit durch solche Erkenntnisse Knappheiten umgelagert und verschoben werden konnten. Dies war möglich, wenn für ihre Anwendung die erforderliche Energie zur Verfügung stand. Das Buch entstand in Deutschland, dessen Boden zwar wenig natürliche Rohstoffe aber reichlich Kohle enthielt und das damals auch noch über ein relativ starkes Militär verfügte. In anderen Gegenden, zum Beispiel in den meisten der sogenannten Entwicklungsländern, fehlen entweder die Energiequellen oder das entsprechende Militär. Daher konnte dort die Wissenschaft auch keine Monopole brechen. Soweit es auch dort fähige Wissenschaftler gab, wanderten sie dorthin ab, wo es "Kohle" im realen und im übertragenen Sinne gab. Diese Länder werden stets an die Bodenabhängigkeit der Herrschaft (Versorgung nur bei Wohlverhalten im Sinne der Versorger) und den Zwang, ihren Boden nicht oder nur bei Erfüllung bestimmter Auflagen zu behalten, erinnert.

Erst die Nutzung der Kernenergie löste die Energieversorgung vom Boden und relativiert dadurch die Bodenbehauptung als Herrschaftsmittel. Zwar sind Kernbrennstoffe im Falle der Kernspaltung (schon nicht mehr im Falle der Kernfusion) von besonderen Rohstoffvorkommen im Boden und das heißt von militärischer Bodenbehauptung abhängig. Aber wegen ihrer hohen Energiedichte können große Mengen der Energierohstoffe bequehm transportiert und eingelagert werden, so daß es auf die Bedingungen des Bodens und seiner Fläche nicht mehr unmittelbar ankommt. Der Grund dafür ist, daß die Kernenergie die Bindungskräfte der Kerne nutzt, die millionenfach dichter gebündelt sind als die molekularen Bindungskräfte.

Molekulare Verbindungen kommen - wie gesehen - über die Elektronenschalen zustande, die am äußeren Rand der Atome wirksam werden. Im Kern der Atome spielt sich alles viel konzentrierter ab. Hier drängen sich die gleichgerichteten Ladungen, die einander abstoßen sollten und die auf den Elektronenhüllen die Elektronen so weit wie möglich abspreitzen, als Protonen dicht zu sammen. Protonen müßten einander als Träger gleicher Ladung abstoßen, wenn sie nicht durch ungeheuer stärkere Bindungskräfte zusammengeholten würden. Ihre Abstoßungskräfte müssen dazu "neutralisiert" werden. Dies geschieht durch sogenannte "Neutronen". Diese sind an sich auch nicht stabil. Sie zerfallen außerhalb des Kerns nach 11 bis 20 Minuten in ein Proton und ein positivgeladenes Elektron, ein Positron. Im Kern werden beide Teile des Neutrons durch die dort herrschende hohe Bindungsenergie zusammengehalten und sie halten selbst wiederum die Protonen des Kernes sehr dicht zusammen.

Je mehr Protonen in einem Kern zusammen kommen, desto mehr Neutronen sind nötig, um sie zusammenzuhalten. Dabei können sich Atome gleicher Elemente, das heißt mit der gleichen Anzahl von Elektronen und Protonen durch die Zahl ihrer Neutronen unterscheiden. Man spricht dann von Isotopen. Solche Isotope können selbst noch stabil sein aber auch schon instabil. Offensichtlich gibt es ein optimales Verhältnis von Neutronen zu Protonen. Wenn dieses nicht erreicht wird, sind die Kerne instabil. Sie werden sich früher oder später stabilisieren. Stoffe, deren Kerne das tun, heißen "radioaktiv". Der Stabilisierungsvorgang, die "Radioaktivität" gilt Kernkraftgegnern als höchst mysteriös und, wenn sie vom Menschen ausgelöst wird, als unzulässiger Eingriff in die Natur. Dabei ist Radioaktivität, das heißt die spontane Selbststabilisierung der Kerne ein höchst natürlicher Vorgang. Ursprünglich dürften alle im Universum vorhandenen Kerne instabil gewesen sein. Sie waren radioaktiv und haben sich zwischenzeitlich mehr und mehr stabilieren können.

Entscheidend für die Stabilität ist nicht nur das Verhältnis der Neutronen und Protonen zu einander, sondern auch die Größe eines Atoms. Mehr als 81 Protonen können mit Hilfe von Neutronen nicht mehr auf Dauer zusammenhalten gehalten werden. Schwere Kerne sind ihrem Wesen nach instabil. Dabei können aber wie bei Wismut, Thorium oder Uran 238 Protonen Neutronen Verhältnisse erzielt werden, die sehr lange zusammenhalten und entsprechend wenig radioaktiv sind. Die Stärke der Radioaktivität bemißt sich nach der Anzahl der Kernumwandlungen in einem Stoff pro Zeit. Je länger die Halbwertszeit, d.h. die Zeit bis sich die Hälfte der instabilen Kerne eines Stoffes stabilisiert hat, desto geringer die Strahlung - und umgekehrt. Wismut hat zum Beispiel eine Halbwertszeit von 2,5 mal 1017 Jahren, daher ist es so gut wie nicht radioaktiv.

Kernenergie und Radioaktivität

Kerne stabilsieren sich auf vier typische Arten. Einmal sprengen sie einen Kernteil ab. Es handelt sich dabei um den stabilste Kern, den des Heliumgases (4), der aus zwei Neutronen und zwei Protonen besteht. Werden solche Kernstücke abgesprengt, spricht man von Alfa-Strahlung. Der bekannteste Alfa-Strahler ist Radium (226), das sich dabei zum Edelgas Radon (222) stabilisiert. Zur sogenannten Beta-Strahlung kommt es in der Regel, wenn sich ein Neutronen zum Protonen (oder umgekehrt) umwandelt. Dabei wird ein Elektron oder ein Positron abgestoßen. Die dritte, die sogenannte Gamma-Strahlung besteht nicht aus Kernteilen sondern aus Energiequanten. Kerne können sich auf unterschiedlichem Anregungsniveaus bewegen. Wenn sich dieses ändert, wird ein entsprechendes Energiequantum entweder aufgenommen oder abgegeben. Stellen Sie sich darunter vielleicht die Veränderung eines Drehimpulses vor. Wenn ein Schwungrad (Anregungszustand) abgebremst wird, wird auch Energie als Reibungshitze frei. Atome, Kerne und Kernteilchen haben unter anderem solche Drehimpulse.

Die vierte Strahlungsart tritt auf, wenn sich sehr schwere Kerne (mit deutlich mehr als 81 Protonen) spontan spalten. Wie schon erwähnt, haben schwere Kerne, um stabil zu bleiben, im Verhältnis zu ihrer Protonenzahl realtiv mehr Neutronen nötig als kleine Kerne. Spaltet sich der schwere Kern in zwei oder gar drei kleinere Kerne, werden überschüssigen Neutronen mit hoher Energie weggeschossen.

Die Nutzung der Kernenergie hängt mit dem gleichen Effekt zusammen. Je größer der Kern, desto geringer ist trotz relativ höherer Anzahl von Neutronen der innere Zusammenhalt der Kernteilchen, die innere Bindungsenergie. In einem Kern mit der Masse 240 (das sind im Fall Plutonium etwa 94 Protonen und 146 Neutronen) werden die Teilchen mit einer Bindungsenergie von je 7,6 Megaelektronen Volt (MeV) zusammengehalten. Bei einem Kern von der Masse 120 (zum Beispiel Zinn, mit 50 Protonen) sind das je Teilchen 8,5 MeV. Offensichtlich wirkt bei größeren Kernen eine wachsende Kraft gegen die Kernbindungskraft. Wird nun Plutonium in Zinn gespalten (rein theoretisch), werden pro Kernteilchen rund 0,9 MeV frei, also im Falle einer einzigen Plutoniumspaltung sind das insgesamt 216 MeV. Von dieser Energie wird rund 85 % als kinetischer Energie (Wärmebewegung der Kerntrümmer) abgegeben und 15% durch Anregungszustände der Bruchstücke, die dann durch Gamma-Strahlung und andere Strahlungen abgebaut wird.

Daran wird deutlich, warum Spaltungsenergie in der Regel nur bei der Spaltung großer in sich schon instabiler Kerne möglich und ertragreich ist. Zur Spaltung kleiner Kerne wären so große Energiemengen nötig, die nur zu geringer Freisetzung von Unterschieden der Bindungsenergie führt. (Umgekehrt liegt es bei der Kernfusion, auf die wir hier nicht eingehen).

Da noch immer instabile Kerne in der Natur vorkommen (mit zunehmendem Alter der Erde werden das immer weniger) gibt es hier immer noch natürliche Radioaktivität und damit auch eine natürliche Strahlung. Hinzukommt, daß eine sehr harte kosmische Strahlung aus dem Inneren unserer Galaxis auf die Erdatmosphäre trifft und dort Gasmoleküle und Kerne zerschlägt, die ihrerseits beschleunigt wieder auf andere Kerne treffen und so weiter. Auf diese Weise entsteht zum Beispiel aus dem Luftstickstoff das radioaktive Kohlenstoffisotop C14. Dieses lagert sich zum Beispiel über CO2 in Planzenmaterial an. Über die Häufigkeit dieses C14 in altem Bauholz oder sonstigen Pflanzenresten läßt sich ihr Alter bestimmen. Die natürliche Strahlung ist wie alles auf der Erde sehr unterschiedlich verteilt. Sie kann in manchen Gegenden (in Brasilien und Indien) auf weit über das Sechzigfache der bei uns vorkommenden Strahlung ansteigen. Man mißt die Strahlung in Becquerel Bq. 1 Bq entspricht einem Kernzerfall pro Sekunde.

Welche Folgen hat die Strahlung? Radioaktive Strahlung heißt nach ihrer Wirkung jonisierende Strahlung, weil sie mit der äußeren Elektronenhülle der Atome reagieren und dort Elektronen herausschlagen oder anlagern kann. Damit ändert sich die Ladung des Atoms (es wird zu einem Ion) und sein chemisches Verhalten, vor allem seine Fähigkeit Verbindungen einzugehen. Da lebende Körper aus mitunter sehr komplexen Molekülen bestehen, kann solche Strahlung die Molekülketten verändern und beschädigen. Hätten die belebten Organismen nicht gelernt, mit solchen Schäden umzugehen, gäbe es kein Leben auf der Erde, da sie auf der Erde ständig einer gewissen radioaktiven Strahlung ausgesetzt waren und es noch immer sind. Wie bei allem macht auch hier die Dosis das Gift und nicht der Ursprung. Der Organismus kann zwischen künstlicher und natürlicher Strahlung nicht unterscheiden, wohl aber zwischen den Stahlungsarten und ihrer Intensität.

Während Alfastrahlung zum Beispiel kaum durch ein Blatt Papier dringen kann, gelangt Beta-Strahlung einige mm in den Organismus hinein. Gammastrahlung dringt zwar tief ein, hat aber mangels Masse geringere Auswirkungen. Gefährlicher sind Neutronen, die eine große Durchdringungsfähigkeit haben. Mit ihrer Masse und meist großen Energie, können sie Moleküle empfindlich stören. Die Forschung hat aus unzähligen Beobachtungen und Vergleichen die Wirkung der verschiedenen Strahlungen erfaßt und mit einander verglichen. Daraus hat sie ein Maß für eine Äquivalentdosis und die biologische Strahlenbelastung ermittelt. Sie richtet sich nach der Stärke der Strahlung und der Zeit, während der ein Organismus einer Strahlung ausgesetzt ist und wird in m Millisievert pro Jahr (mSv/a) gemessen.

Es ist nicht unerheblich, die Strahlung einiger natürlicher Dinge aus unserer Umgebung zu vergleichen. 1 m³ Luft weist 14 bis 70 Bq (Kernzerfälle pro Sekunde) auf, ein Liter Wasser 1 -4 Bq. Bei Heilwasser aus tiefen Brunnen sind es dann schon 37000 Bq pro Liter. Dageggen haben unsere sonstigen Lebensmittel nur rund 40 Bq vorzuweisen. Ein ausgewachsender - sagen wir 70 Kg schwerer - Mensch bringt es auf 7500 Bq, so daß ein Beischlaf für eine größere Strahlungsbelastung sorgt, als wenn ein schlecht gereinigter Castorbehälter vorbeifährt - aber welchen Rot-Grünen kümmert das schon.

Dementsprechend werden wir Menschen unterschiedlichen Strahlenbelastungen ausgesetzt, auch hier ist ein Vergleich nützlich. Die Hintergrundstrahlung aus der natürlichen Umgebung bringt uns 0,45 mSv/a, die Kosmische Strahlung noch einmal 0,3 mSv/a, die körpereigene Strahlenbelastung 0,25 mSv/a. Wohnen wir in einem Backsteinhaus bekommen wir 1,0 mSv/a ab. Die übliche durchschnittliche medizinische Betreuung bringt es pro Person im Durchnitt auf 1,5 mSv/a. Dagegen liegt die zulässige zusätzliche Belastung durch Kernkraftwerke bei 0,03 mSv/a, wo bei aber in der Regel nur 0,01 mSv/a erreicht werden. Aus sonstigen technischen und beruflichen Belastungen erreichen uns im Durchnitt 0,03 mSv/a. Das ganze ist - wie gesagt - vor dem Hintergrund zu sehen, daß die Strahlung auf der Erde mit zunehmendem Alter nachläßt und das Leben auf der Erde zu einer Zeit entstand und sich entfaltet hat, als die natürliche Strahlenbelastung noch wesentlich höher war.

Spezielle "Probleme" der Kernenergienutzung

Die friedliche Nutzung der Kernenergie wird abgelehnt, weil die Menschen angeblich zwei Probleme prinzipiell nicht bewältigen können. Das eine ist die Gefahr eines sogenannten "GAU", die Möglichkeit, daß sich das Inventar eines Kernkraftwerkes wie eine Atombombe entzündet, die andere sind die künstlich erzeugten Spaltprodukte mit sehr langen Halbwertzeiten, die man glaubt von der natürlichen Natur fernhalten zu sollen.

a) Zum GAU.

Bisher werden Kernkraftwerke "kritisch" gefahren. Das heißt: in einen Reaktor werden in Form von Brennstoffen so viele spontan spaltende Kerne (meist Uran 235) eingebracht, daß eine Kettenreaktion zustande kommt. Da ein Urankern, wenn er sich spaltet rund drei Neutronen mit großer Energie absprengt, muß zweierlei geschehen. 1. Es muß verhindert werden, daß zwei von diesen Neutronen weitere Spaltungen auslösen können. Das würde wegen des exponentiellen Wachstums (3,9,27...) eine Explosion auslösen. Zwei Neutronen müssen daher eingefangen und unschädlich gemacht werden, das heißt, sie müssen in geeignetem Material stecken bleiben, möglichst ohne dieses selbst radioaktiv zu machen. Das dritte Neutron muß auf die Geschwindigkeit abgebremst werden, damit es von einem Urankern, auf den es trifft, nicht abfedert sondern sich ihm anlagert und ihn spaltet. Absorbtion und Bremsung geschieht vor allem durch sogenannte Kontrollstäbe, die um eine bestimmte Menge Spaltungen pro Zeiteinheit einzuhalten, mehr oder weniger weit in den Reaktor hineingesteckt oder herausgezogen werden. Wie alle mechanischen Apparate kann auch diese versagen, die Folge könnte ein rasches Anwachsen der Kernspaltungen pro Zeit, das heißt eine Überhitzung des Reaktors mit möglicherweise verheerenden Folgen.

b) Zu den Spaltprodukten.

Werden Neutronen absorbiert und schwere Atome gespalten, so bilden sich Isotope mit zum Teil recht instabilen Kernen, die früher oder später selbst zerfallen, die also radioaktiv sind. Die meisten dieser Isotope haben kurze Halbwertzeiten und stabilisieren sich bei intensiver Strahlung schnell. Aber einige bleiben sehr lange aktiv mit sehr langen Halbwertzeiten. Dies trifft auf einige Transurane und auf einige leichtere Isotope zu. Solche Stoffe, die zwar selbst realtiv wenig intensiv strahlen, sollen zum Strahlungsschutz und weil sie vom Menschen erzeugt und von Natur nicht vorhanden waren, sehr lange, oft über hunderttausende von Jahre von der belebten Natur ferngehalten werden. Für die angemessene Verwahrung über so lange Zeiträume kann niemand trotz der inzwischen gefundenen guten Aufbewahrungsmethoden eine absolute Garantie übernehmen. Daher rührt das angebliche Entsorgungsproblem, das bei nüchterner Betrachtung aber noch keines ist. Denn Spaltprodukte lassen sich über sehr lange Zeiträume sicher verwahren. Außerdem gibt es viele technische und medizinische Anwendungsbereiche für intensive Strahlenquellen. Als solche könnte ein großer Teil der stark radioaktiven 'Abfälle' aus Kernkraftwerken ebenso dienen, wie Kobalt 60, daß zur Zeit in kerntechnischen Anlagen für solche Zwecke eigens gebrütet wird.

Lösungansatz

Wesentlich ist aber, daß beide Probleme, der Gau und die Endlagerung, keine prinzipiellen Probleme der Kernenergienutzung sind, sondern sich lösen lassen. Reaktoren können unterkritisch betrieben werden. Dann enthalten sie einen nicht angereicherten Brennstoff, der ohne fremde Neutronen die Kettenreaktion selbst nicht aufrecht erhalten und sich damit nicht selbst entzünden kann. Die äußere Neutronenquelle, die mit Hilfe eines aufwendigen Beschleunigers betrieben wird, um die Spaltungsprozesse im Reaktor aufrecht zu erhalten, läßt sich jederzeit abschalten - schon ein Kurzschluß würde dazu genügen.

Mit Hilfe der äußeren Neutronenquelle, lassen sich die Geschwindigkeit der Neutronen nach Wunsch einstellen. Man kann hohe Neutronengeschwindigkeiten wählen, bei denen andere Transurane gespalten, daß heißt nuklear verbrannt werden. Sie liefern zusätzlich Energie und belasten den radioaktiven Abfall nicht durch ihre zum Teil langen Halbwertzeiten. Auch lassen sich die überschüssigen bei der Spaltung freigesetzten Neutronen so steuern, daß sie kleinere instabile Kerne mit langen Halbwertzeiten stabilisieren und damit deren Radioaktivität im Abfall unterbinden.

Voraussetzung für diese Möglichkeiten ist, daß sich die Geschwindigkeit der Neutronen mit Hilfe des Beschleunigers relativ genau regeln läßt und daß das Brennstoffgemisch möglichst flexibel gehandhabt werden kann. Dies ist möglich, wenn das nukleare Brennstoffgemisch zum Beispiel in flüssiger Form durch den Rekator geführt wird, so daß es bei jedem Umlauf - wenn nötig - neu zusammengesetzt werden kann. Wie das im einzelnen geschehen kann, haben wir an anderer Stelle ausführlicher dargelegt. (Transmutation, Das Zeitalter der Kerntechnik beginnt erst, Dr. Böttiger Verlags GmbH Wiesbaden, EUR 2,50)

Die hier angedeutete sogenannte 'Transmutation' hat neben den genannten noch weitere Vorteile. Der Brennstoff, der zur Zeit im Reaktor nur zu 94 % abgebrannt wird, läßt sich auf diese Weise fast restlos verbrennen. Eine Anreicherung des Brennstoffs mit selbstkritischen Isotopen (Uran 235) entfällt. Damit werden die Anreicherungsanlagen, mit denen waffenfähiges Uran oder Plutonium hergestellt wird, überflüssig und können aufgegeben werden. Schließlich kann bei diesem Verfahren außer Uran auch das viel reichlich vorhandene und viel weniger radioaktive Thorium als Brennstoff eingesetzt werden, was die Energiereserven um ein Vielfaches vermehrt. Als zu entsorgende nukleare Asche verbleiben nur noch Spaltprodukte hoher Strahlung aber kurzer Halbwertzeit. Sie können nach relativ kurzer Abklingzeit weiterverarbeitet werden.

Alternative Energien?

Offensichtlich ist das Desinteresse der Kernkraftgegner an allen Möglichkeiten, die Nutzung der Kernenergie weiterzuentwickeln. Sie beharren darauf, daß Kernenergie zu gefährlich sei und daß sie im übrigen nicht nötig sei, da genügend andere Energieformen zur Verfügung stünden. Dies ist aus mehreren Gründen falsch. Hier sei nur auf zwei Probleme der alternativen Energien hingewiesen, die wenig beachtet werden.

Ansich gibt es Sonnenenergie und ihre Derivate in einer hinreichenden Menge. Sie ist nur über die ganze Erdoberfläche verteilt und steht damit nur in sehr dünner Form zur Verfügung. Den eigentlichen Aufwand macht das Sammeln und Verdichten dieser Eenrgie und dazu ist zum Teil sogar mehr Energie nötig, als an nutzbarer Energie dabei gewonnen werden kann. Offensichtlich gibt es auch noch immer die Blaubeeren im Wald umsonst. Daß sie auf dem Markt einen relativ hohen Preis erzielen, hängt vom Aufwand ab, sie zu sammeln. Offensichtlich mörderisch wäre der Vorschlag, die mechanisierte Landwirtschaft aufzugeben und die Nahrungsversorgung der Menschen auf Blaubeeren umzustellen, weil es sie umsonst imWald gibt.. Bei den alternativen Energieformen liegt der gleiche Sachverhalt vor. Er ist nur weniger offensichtlich, weil die Mittel zum Sammeln und Verdichten der alternativen Energieformen noch mit Hilfe der vielfach wirksameren aber knapper werdenden fossilen Energiequellen hergestellt werden.

Als zweites sollte offensichtlich sein, daß alternative Energiequellen die Rückkehr zur früheren, vom Boden abhängigen Energieversorgung darstellen und - das ist das Wesentliche daran - diese festschreiben. Die Umstellung auf alternative Energiequellen macht die Rückkehr zur Nutzung der Kernenergie - wenn eine späte Einsicht das wieder vorschlagen sollte - praktisch unmöglich, weil sich dann energieaufwendige kerntechnische Anlagen mit Hilfe alternativer Energiequellen nicht mehr herstellen lassen.

Unabhängig von den subjektiven Wünschen und Vorstellungen der Befürworter alternativer Energien, besteht ihre gesellschaftspolitische Bedeutung darin, die traditionellen über die von Boden und Geld abhängigen Formen der Machtausübung und Beherrschung durch institutionalisierte Knappheit zu stabilisieren. Rot-Grüne Kernkraftgegner erweisen sich damit, ob sie sich so verstehen oder nicht, als gesellschaftspolitische Reaktionäre und Fortschrittsfeinde, wenn Fortschritt die fortschreitende Befreiung des Menschen von realer Not und der an Knappheit gebundenen Beherrschbarkeit ist.

Schließlich verhindern die Rot-Grünen eine wirksame Umweltpolitik, die eine möglichst vollständige Recyclingwirtschaft verlangt. Alle Umweltprobleme gehen im Grunde auf zwei Problemarten zurück. 1.Es entstehen im Laufe der Güterproduktion - vor allem als Folge der Verwendung molekularer Bindungsenergie - chemische Verbindungen, die sich nicht weiter verwenden lassen. 2. Solche Moleküle sammeln sich in der Umwelt an, bis sie einen schädlichen Dosiswert erreichen. Zwar lassen sich solche Verbindungen wieder in ihre Bestandteile zerlegen, um daraus nützliche Stoffe zu bilden und ihrer unerwünschten Anreicherung in der Umgebung zu begegnen. Aber diese Moleküle zu spalten, um daraus nützliche Verbindungen zu machen, wird erst sinnvoll, wenn eine andere, dichtere Energiequelle als die chemische Bindungskräfte zur Verfügung steht. Es grenzt an Unfug, wollte man ungewünschte chemische Verbindungen durch Herstellung anderer ebenso ungewollter chemischer Verbindungen (Verbrennungsrückstände) beseitigen. Dies entspräche dem Versuch, den Teufel durch Beelzebub auszutreiben.

Erst die Kernenergie macht eine vollständige Recyclingwirtschaft möglich, wie sie uns die belebte Natur mit ihrem energetischen CO2 und H2O Kreislauf unter zuhilfenahme der Kernenergie der Sonne vormacht. (Zum Beispiel hatte der u.a. auch von der SPD Landesregierung in NRW verhinderte Hochtemperaturreaktor mit dem Adam-Eva Konzept ein äußerst sinnvolles Recycling von CO2 ermöglicht).

Fortschritt und menschliche Zivilisation

Die Beherrschung der Kernbindungskräfte dürfte für den Menschen ähnlich wie die Beherrschung der molekularen Bindungsenergie (Feuer) einen tiefgreifenden kulturellen Entwicklungssprung bringen. Damals mußte der Mensch seine tiefe animalische Angst vor dem Feuer überwinden, um erst Mensch zu werden und eine menschliche Zivilisation aufzubauen. Dies gelang am Anfang gewiß nicht ohne Reibung. Man kann sich leicht vorstellen, daß die damaligen Führer, um ihre Führungsposition zu sichern, die animalischen Ängste bei den zurückgebliebensten menschlichen Wesen angeheizt haben, um sie gegen die ersten Menschen zu hetzen, denen es gelang, mit ihrer Angst auch das Feuer zubezähmen. Handeln die Rot-Grünen nicht entsprechend, wenn sie Ängste schüren, um den Ausstieg aus der Kernenergie zu erreichen und damit die materielle Grundlage der Herrschaft, die Knappheit festzuschreiben, ?

Auch der heutige Übergang zur friedlichen Nutzung der Kernenergie trifft auf tief im Menschen sitzende Ängste. Sie sind anderer Natur als die animalischen Ängste vor dem Feuer. Sie betreffen den durch die modernen Herrschaftsmittel gefährdeten Kern des Menschseins, nämlich das, was den einzelnen in der Gesellschaft zum Individuum macht. Verlöre nicht die heute angebotene Form der sogenannten 'Selbstverwirklichung' des Einzelnen ihre Grundlage, wenn infolge überreichlicher Versorgung die Güter des Lebens ihren Preis verlören und nur noch ihren Gebrauchswert hätten? Wer könnte sich mit einem Superwagen und dergleichen hervortun, wenn jeder sich das gleiche leisten könnte. Wie ließe sich 'Leistung' anders steuern (menschliche Lebenszeit beherrschen), als durch unterschiedlich zugewiesene Grade von Knappheit und Mangel?

Man sagt, die Menschen würden, wenn sie nicht durch Not und Mangel angetrieben werden, faul und untätig werden. Man befürchtet in einem nicht mehr durch Knappheit differenzierten kommunisitischen Einheitsbrei würden alle persönlichen Unterschiede dahinschmelzen, so daß sich niemand mehr zu einer besonderen Leistung aufraffen würde. Unter stellt diese Furcht nicht, daß Herrschaft und Zwang die prinzipielle Grundlage aller menschlichen Aktivität sei - also prinzipiell gefordert wird?

Das Befürtete mag für einige zutreffen und es mag bei einer zu plötzlichen und unverdienten Befreiung von Not so eintreten. Stoßen wir aber nicht auch auf Menschen, die selbst große Not nicht abgehalten konnte, das zu tun, was ihnen persönlich zwar keinen Vorteil brachte, was sie aber für richtig hielten, weil es ihren Mitmenschen Freude, Schönheit, ein "besseres" Leben oder mehr Wahrheit und Erkenntnisse bringen konnte? Und ist es nicht gerade eine solche Arbeitsweise, die wir als 'menschlich' bewundern. Die großen Anstengungen großer Menschen, welche die Menschheit in ihrer Entwicklung einen Schritt vorangebracht haben, haben ohne Herrschaft ohne Zwang und sogar gegen diese gehandelt und dabei oft große Nachteile in Kauf nehmen müssen. Hält denn - um ein banaleres Beispiel zu wählen - ein Marathonläufer seine Strapaze nur deshalb durch, weil man ihm eine große Belohnung verspricht oder die gröhlend applaudierenden Menge ihm einen Moment lang Anerkennung zollt? Oder bewegt ihn vielleicht der Wunsch, eine von ihm selbst nicht anerkannte, innere Trägheit zu überwinden, sich als jemand zu entwerfen, der er noch nicht ist aber sein will?

Fragen wir anders. Wie ist Macht auszuüben oder ein entsprechend hoher Preis zu erzielen, wenn der materielle Mangel überwunden ist und auch nicht virtuell als Angst vor Mangel aufrechterhalten werden kann? Was unterscheidet die Machthaber dann noch von den Beherrschten, und womit könnten sie diese zu Handlungen nötigen, zu denen sie aus eigenen Stücken und eigener Überzeugung nicht bereit sind, und die zu überzeugen die Machthaber wegen der eigenen Verkommenheit nicht mehr fähig sind?

Wie dem auch sei, die Not und vor allem die unnötig verlängerte und sinnlos beibehaltene Not lenkt uns von uns selbst ab und von der Herausforderung in uns, das zu werden und zu schaffen, was wir selbst sein und schaffen können und wollen. Wir selbst aber werden wir erst durch den ureigenen Beitrag, den wir und nur wir zur Besserung der Lebensumstände unserer Mitmenschen beitragen können und wollen, ohne dabei auf Verdienst und Anerkennung durch andere angewiesen zu sein.

Man sagt, Technik habe mit Moral nichts zu tun, es käme darauf an, was der Mensch mit seinen technischen Möglichkeiten tut. Das mag stimmen, trifft aber nicht zu auf die Ablehnung oder gar Verhinderung technischer Möglichkeiten, welche die Menschen von materiellem Mangel und Not befreien könnten, durch deren Verhinderung anderen eine menschenwürdigere Existenz verweigert wird oder der sogenannten 'Überbevölkerung' sogar die nackte Existenz. Eine solche Ablehnung ist eine Frage der Moral. Ist es doch kaum verwerflicher einen Menschen zu erschlagen, als ihn durch aufgezwungene Lebensumstände verhungern zu lassen - wie es heute als Folge der Auflagen zum Beispiel des Internationalen Währungsfonds millionenfach geschieht.

Es wird ohne die Nutzung der Kerntechnik in Zukunft weder eine Industriegeselschaft noch eine menschenwürdige Zivilisation geben. Die Frage der Kernenergie - nicht nur der Kernspaltung, von der hier die Rede war sondern mehr noch der Kernfusion - ist eine Schicksalsfrage der Menschheit und sie ist neben all den wissenschaftlichen und technischen Fragen, die im Zusammenhang mit ihr zu lösen sind, eine Frage der Moral.

Die SPD des Parteitags von 1956 durfte sich damals mit Recht 'progressiv' nennen, nicht aber ihre ausstiegsorientierten Nachfolger von heute. Sie sind, ob sie sich dessen bewußt sind oder nicht, das Gegenteil davon, nämlich reaktionäre Menschheitsfeinde, die um der Machterhaltung derer, die die Preise hochhalten wollen und können, selbst davor nicht zurückstrecken, andere durch ihre Antikultur in Angst und in einem dementsprechend "induzierten Irresein" zu halten, wie es vor ihnen schon andere mit allerlei Gespenstern, Höllen und Teufelsängsten, der Angst vor dem Klimagift CO2 und allerlei hochgespielten Ängsten vor angeblichen und behaupteten Lebenmittel- und Umweltvergiftungen (natürlich gibt und gab es soetwas auch in der Realtiät - dann gilt es technische Mittel zu ihrer Überwindung zu finden) versucht haben. Denn wie sonst als durch 'induziertes Irresein' ließe sich der Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie erzielen.

[Zitatnachweis auf Anfrage bei Dr. Helmut Böttiger]

Empfehlungen zum Thema: Bürger für Technik,  Energie-Fakten.de und Kernenergie.htm

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