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Wie hoch ist die Energieeinsparung durch eine nachträgliche Wärmedämmung?

Wenn man bei sommerlicher Temperatur barfuß über den Strand oder über einen befestigten Weg läuft, dann merkt man die hohen Temperaturen an den Fußsohlen, auch wenn die Lufttemperatur nur 20 ºC betragen. Die Ursache ist die eingespeicherte Strahlungswärme von der Sonne, die die festen Körper aufheizt. Das Gleiche erfolgt aber auch an einer Hauswand, wenn am Tag die Sonne scheint. Die Wärme wird in der massiven Wand gespeichert und in der Nacht wieder abgestrahlt.

Hat der äußere Wandabschnitt im Durchschnitt eine höhere Temperatur durch die eingespeicherte Solarenergie, so verringert sich auch die Temperaturdifferenz von innen nach außen, die den Wärmestrom beeinflusst. (Siehe hier den Beitrag zur Untersuchung "Eingespeicherte Solarenergie bei einer Außenwand"). Je nach Wandaufbau liegt die eingespeicherte solare Wärmemenge an einer Südseite etwa so hoch, dass sich die Temperaturdifferenz (von innen zu außen) um ca. 4 K verringert.

In einem vereinfachten Beispiel soll dies verdeutlicht werden. Die Raumluft soll 20ºC und die Außenluft -5ºC betragen.

Außenwand U-Wert 0,5 W/m2K
durch den Energiegewinn beträgt die Temperaturdifferenz nicht 25 K, sondern nur 21 K.
21 K x 0,5 W/m2K = 10,5 W/m2.

Es erfolgt eine nachträgliche Wärmedämmung dieser Wand mit einer Dämmung (6 cm) U-Wert 0,3 W/m2K
25 K x 0,3 W/m2K entspricht 7,5 W/m2.

Es wird mit der zusätzlichen Dämmung pro m2 Außenwand der Wärmestrom um circa 3 W verringert. Es erfolgt somit eine theoretische Einsparung am Tag 72 W pro m2 Außenwandfläche.

Für eine genaue Wirtschaftlichkeitsbetrachtung müssten genau die Durchschnittstemperaturen über mehrere Jahre erfasst werden. Die Gradtagzahl zum Beispiel für Leipzig liegt bei 3350 Kd/a. Diese setzt sich zusammen aus mittlerer Zahl der Heiztage und der mittleren Lufttemperatur aller Heiztage.
Es ergibt sich durch diese nachträgliche Wärmedämmung eine Energieeinsparung zwischen 5 bis 10 KW/m2 Außenwand. (Heizwert von Heizöl 10 KW/l für circa 0,55 Euro). Das entspricht einer Heizkosteneinsparung von etwa 0,27 bis 0,55 Euro/Jahr je m2 Außenwand. Der Quadratmeter Dämmung kostet zwischen 50-85 Euro. Hier sei noch angemerkt, dass ein Wärmedämmverbundsystem eine Standzeit von ca. 20 vielleicht auch 30 Jahren hat. Danach muss die Fassade saniert werden.

Die Verringerung des U-Wertes von 0,5 W/m2K auf 0,3 W/m2K entspricht 40%. Diese Verringerung wird mit einem Investitionszeitraum von größer 100 Jahre erkauft.

Der Schweizer Energiespezialist Dipl.-Ing. Paul Bossert macht am Beispiel eines 135 qm großen Einfamilienhaus mit ca. 165 qm Außenwandfläche folgende Bilanz:
1. Außenwand mit 40 cm massivem Mauerwerk (U-Wert 1,5 W/m²K), nach frühere Bauweise, mit einem rechnerischen Anteil am Energieverbrauch pro Heizperiode 1.920 l Heizöl.
2. Außenwand nach heutiger gut gedämmter Bauweise (U-Wert 0,5 W/m²K) und einen rechnerischen Anteil am Energieverbrauch pro Heizperiode 640 l Heizöl.

Bei diesem theoretischen Vergleich erfolgt eine Energieeinsparung von 66% zugunsten der gedämmten Fassade.
Überall werden die positiven Energiegewinne durch Solarkollektoren hervorgehoben, die pro Quadratmeter etwa 40 Liter Heizöl entsprechen. Nimmt man nur ein Viertel des "Ertrages" und überträgt dies auf die oben genannt massive Außenwand, so entspricht dies bei diesem Beispiel einen kostenfreien Sonnenwärmegewinn von 1.600 Liter Heizöl pro Jahr gegenüber einer gedämmten Fassade. Bei einem Ziegelgebäude würden somit nur 320 Liter Heizöl benötigt. Dass dies aber nicht so wenig ist, liegt noch an anderen Faktoren, wie zum Beispiel dem erforderlichen Lüften (siehe hierzu die Beiträge Lüften und Luftfeuchte) und dem jeweiligen Nutzungsverhalten. Aber diese Faktoren wirken auch beim sehr stark gedämmten Gebäude, sodass hier der "versprochene" niedrige Energieverbrauch nie eingehalten wird. Ein Bauherr (selbst Handwerkermeister) sagte mir vor ein paar Jahren, der Heizölverbrauch ist genau doppelt so hoch, wie er in der Baubeschreibung angegeben (berechnet) wurde. Andere Bauherren machten nicht so konkrete Angaben, waren aber über den wesentlich höheren Energieverbrauch nach dem Einzug sehr (negativ) überrascht.

Hier soll auch auf einen interessanten Forschungsbeitrag der Tampere University of Technology zum Thema "THE INFLUENCE OF EXTERNAL WALLS TO ENERGY BALANCE OF BUILDINGS" (Auswirkung der Außenwandstruktur auf die Energie-Bilanz des Gebäudes) hingewiesen werden.

In der nachfolgenden Grafik wird das Verhältnis zwischen Verbesserung des U-Wertes und der Dämmstoffstärke aufgezeigt. Wird zum Beispiel eine schlecht isolierende 11er oder 24er Wand nachträglich mit einer Dämmung beziehungsweise dämmenden Mauerwerk versehen, so können beträchtliche Energieeinsparungen erzielt werden. Hat die Außenwand aber bereits einen U-Wert von 0,5 W/m2K, so bringt dieser Aufwand nur eine geringe Verbesserung (siehe das oben genannt Beispiel). Ebenso kann man mit einer sehr dicken Dämmung so gut wie keine zusätzliche Einsparung erzielen, da ein Teil der Wärmeenergie durch die Lüftung ausgetauscht wird. Die genaue Erläuterung der bauphysikalischen Zusammenhänge erfolgt im Beitrag Luftfeuchtigkeit in der Wohnung.
Kurve Transmissionswärmeverlust
U-Wertkurve ausführlicher.

Die Politik verwendet sehr gern Verhältnisangaben, zum Beispiel es sind 30% einzusparen. Eine Wirtschaftlichkeit kann grundsätzlich nur durch absolute Zahlen ausgedrückt werden. Beispiel: Auf eine vorhandene Außenwand mit u=1,55 W/m2K wird eine Dämmung von 4 cm aufgebracht (siehe Grafik). Bei einer Temperaturdifferenz von 20 K (innen zu außen) und der Aufrechterhaltung der gleich bleibenden Raumtemperatur werden theoretisch ca. 20 W/m2 Außenwandfläche pro Stunde eingespart. Bei sehr starken Dämmungen erfolgt dagegen kaum noch eine zusätzliche Energieeinsparung. So wird bei einer 17 cm Dämmung gegenüber einer 11 cm Dämmung theoretisch ca. 1 W/m2 Außenwandfläche pro Stunde eingespart.

Tipp zur wirtschaftlichen Energieverwertung, eine Strahlungsheizung und massive Wärme speichernde Wände (vor allem Innenwände), Decken und Fußböden.

Online-Berechnung des effektiven- und Transmissionswärmeverlustes an einer Außenwand und Vergleich mit einer Dämmmaßnahme und praktischer Versuch der Wärmespeicherung an einer Außenwand.

Nicht in jedem Fall ist eine nachträgliche Wärmedämmung sinnvoll. Hier sollten vorher verschiedene Überlegungen angestellt werden. Bei der Entscheidung könnten auch folgende zwei Beiträge helfen Fehler und Irrtümer, Täuschungen und Verschleierungen und Sanierungsschwindel


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